Fach­mann öff. Ver­wal­tung: Den See über­que­ren, ohne ihn leer­zu­trin­ken

Der Stadtschreiber Stefan Eberhard steht vor dem Gebäude der Stadtverwaltung.

Das Amt ist uralt, sein Inha­ber gera­de mal 33 Jah­re jung: Ste­fan Eber­hard ist stell­ver­tre­ten­der Stadt­schrei­ber von Rap­pers­wil-Jona. Wie­so der sym­pa­thi­sche Tog­gen­bur­ger trotz – oder gera­de wegen – sei­nes höchst zeit­ge­mäs­sen Lebens­laufs und sei­nes top­ak­tu­el­len Aus­bil­dungs­stands einen Beruf aus dem Mit­tel­al­ter aus­übt, erzählt er im Inter­view.

Herr Eber­hard, was macht ein Stadt­schrei­ber?
Wir tun das, was schon der Name sagt: wir schrei­ben. Von Pro­to­kol­len über Ver­fü­gun­gen bis zu Medi­en­mit­tei­lun­gen, alles ist dabei. Nur halt nicht mehr mit Gän­se­kiel und Tin­ten­fass, son­dern am Com­pu­ter.

Den Beruf gab es ja schon vor Hun­der­ten von Jah­ren. Hat sich das Berufs­bild ver­än­dert?
Eini­ge Auf­ga­ben­be­rei­che, eben das Schrei­ben der Stadt­rats­pro­to­kol­le bei­spiels­wei­se, sind dem his­to­ri­schen Vor­bild noch sehr ähn­lich. Zum heu­ti­gen Berufs­bild zäh­len jedoch wesent­lich mehr Auf­ga­ben und Kom­pe­tenz­be­rei­che. Wir sind Dreh­schei­be und Koor­di­na­ti­ons­stel­le für sämt­li­che Stadt­rats­ge­schäf­te, ver­ant­wort­lich für die Kom­mu­ni­ka­ti­on oder orga­ni­sie­ren Abstim­mun­gen. Als Dienst­leis­ter von Behör­den, Ver­wal­tung und Bevöl­ke­rung erfor­dert der Job vor allem eins: Fle­xi­bi­li­tät. Und Freu­de an der Abwechs­lung kann auch nicht scha­den.

Das klingt span­nend. Wie sind Sie zu Ihrer jet­zi­gen Posi­ti­on gekom­men?
Das Pro­fil war wie auf mich zuge­schnit­ten. Denn die Stadt such­te einen stell­ver­tre­ten­den Stadt­schrei­ber, der die Bau­ver­wal­tung in juris­ti­schen Fra­gen unter­stützt. Das traf sich gut, denn das ist genau mein Metier. An der Aka­de­mie St.Gallen habe ich näm­lich nicht nur die Gemein­de­fach­schu­le zum Diplo­mier­ten Fach­mann Bau und Umwelt GFS gemacht, son­dern vor ein paar Jah­ren auch die zum Ver­wal­tungs­fach­mann GFS.

Die Wei­ter­bil­dun­gen haben Sie also schluss­end­lich genau dort­hin gebracht, wo Sie von Anfang an hin­woll­ten?
Genau. Nach der ers­ten Ver­tie­fung an der Gemein­de­fach­schu­le besuch­te ich eine ande­re Wei­ter­bil­dung, die viel Theo­rie und das Stu­di­um von Fach­li­te­ra­tur mit­brach­te. Des­halb ent­schied ich mich anschlies­send wie­der für etwas Pra­xis­ori­en­tier­tes. Auf­grund mei­ner posi­ti­ven Erfah­run­gen an der Gemein­de­fach­schu­le wuss­te ich sofort: das ist das Rich­ti­ge. Dabei ging es mir nicht nur dar­um, mein Wis­sen zu erwei­tern, son­dern auch dar­um, die rich­ti­gen Leu­te ken­nen­zu­ler­nen, ein gutes Netz­werk auf­zu­bau­en und zu ler­nen, mein Wis­sen in der Pra­xis anzu­wen­den.

Wur­den Ihre Erwar­tun­gen an den Lehr­gang erfüllt?
Ja. Ich habe sehr vie­le neue Leu­te ken­nen­ge­lernt, mit den meis­ten ste­he ich noch heu­te in Kon­takt. Auch die Dozie­ren­den haben mich über­zeugt. Sogar so sehr, dass ich jetzt selbst unter­rich­te. Auch eine Par­al­le­le zu mei­nen his­to­ri­schen Vor­gän­gern: Stadt­schrei­ber gaben ihr Wis­sen schon immer wei­ter.

Voll­zeit­job und neben­bei unter­rich­ten – wie schaf­fen Sie das?
Wenn ich arbei­te, arbei­te ich. Wenn ich frei habe, ver­su­che ich den Kopf kom­plett frei zu machen, abzu­schal­ten und Ener­gie zu tan­ken. Die schöp­fe ich aus dem Sport und ganz beson­ders auch aus mei­ner Fami­lie. Wenn ich abends mit mei­nem Sohn spie­le, bin ich in einer kom­plett ande­ren Welt – genau so ist es auch beim Jog­gen. Das gibt mir die Kraft und die Moti­va­ti­on, am nächs­ten Tag wie­der voll durch­zu­star­ten.

Die Dop­pel­be­las­tung erfor­dert bestimmt eini­ges an Dis­zi­plin.
Da gebe ich Ihnen Recht. Das lern­te ich nicht zuletzt im Sport. Durch­beis­sen ist das A und O, wenn man etwas errei­chen will, ganz egal, ob man gera­de auf einen Halb­ma­ra­thon hin trai­niert oder sich für sei­nen Traum­be­ruf wei­ter­bil­det.

Das Wich­tigs­te dabei ist es, den Fokus nicht aus den Augen zu ver­lie­ren. Ein Dozent sag­te mal vor einer Prü­fung zu mir: «Um den See zu über­que­ren, musst du ihn nicht leer trin­ken – nur schwim­men ler­nen.» Das ist seit­dem mein Mot­to.